Eine Königin

WER EINE WOCHE MIT DER QUEEN ELIZABETH VON BARCELONA AUS DURCHS WESTLICHE MITTELMEER REIST, ERLEBT EINEN MIX AUS MEDITERRANEM FLAIR UND BRITISCHEM GEIST
von MARLIES FISCHER

Die Durchsage von Kapitän Stephen Howarth kommt am zweiten Abend um 18 Uhr. Leider erlaube es die Wetterlage nicht, wie geplant die Häfen Cannes und Livorno anzulaufen und dort an Land zu gehen. Windstärke 7 bis 8 steht dagegen. An der französischen Riviera hätten die Gäste Tenderboote benutzen müssen. „Da gibt es Betriebsgrenzen für unsere Beiboote und den Ponton“, so der Kapitän. Stattdessen stehe noch ein Seetag an, und man nehme Kurs auf Portoferraio auf der italienischen Insel Elba. „Wir entschuldigen uns dafür, dass die Änderungen notwendig waren, aber die Sicherheit hat wie immer Priorität und ist unser größtes Anliegen“, sagt Howarth.

Die Natur hat das letzte Wort bei jeder Aktivität, die von Wind und Wetter abhängig ist. So auch bei dieser einwöchigen Mittelmeer-Kreuzfahrt von und nach Barcelona auf der Queen Elizabeth der Reederei Cunard. Während die Verantwortlichen an Bord und an Land in Hamburg oder Southampton neu planen, disponieren und organisieren, genießen die Passagiere alle Annehmlichkeiten, die das 294 Meter lange und 32,3 Meter breite Schiff auf zwölf Decks trotz der etwas rauen See bietet.

Die Queen Elizabeth, gebaut in Italien und am 11. Oktober 2010 von Königin Elizabeth II. in Southampton getauft, ist kein schwimmendes Hochhaus mit Wasserrutsche und Vergnügungspark, sondern ein Kreuzfahrtschiff in Cunard-typischer Farbgebung – schwarzer Rumpf, roter Schornstein –, mit eleganten Linien und gediegener Ausstattung. 1045 Unterkünfte in 24 verschiedenen Kategorien stehen zur Verfügung: von der kleinen Innenkabine ohne Tageslicht über Außen- und verschiedene Balkonkabinen bis hin zu luxuriösen Suiten wie der Charles Suite, die auf 80 Quadratmetern Wohn- und Essbereich, Schlafzimmer, Küchenzeile, mehrere Bäder und einen sehr großzügigen Balkon bietet.

In jeder Kabine, hier an Bord State Room genannt, wartet eine Flasche Sekt zur Begrüßung. Bademäntel, Kühlschrank und Safe, kostenpflichtiges WLAN sowie Tee- und Kaffeezubereitungsmöglichkeiten sind vorhanden. Überall finden sich helles Holz, großzügiger Stauraum mit ausreichend Kleiderbügeln, flauschiger Teppichboden und bequeme Betten. Die Bäder sind mit Dusche oder Wanne ausgestattet, Pflegeprodukte stehen bereit. Und in allen Kabinen kann man sich das Frühstück oder einen nächtlichen Imbiss ans Bett bestellen. Gut 1.000 Crewmitglieder kümmern sich um mehr als 2.000 Passagiere.

Bordsprache ist Englisch, denn aus Großbritannien oder den USA kommen die meisten Gäste. Ab 100 deutschen Passagieren werden die wichtigsten Durchsagen auch in deren Muttersprache gemacht, es gibt immer übersetzte Menükarten und Tagesprogramme. Gleichwohl sind einige Teile des Bordprogramms sehr englisch: Bridge und Shuffle Board, Dart-Turnier und Vorträge über britische Geschichte. Die diversen Quiz-Angebote sind amüsant, die meisten Fragen werden deutsche Reisende wohl nicht beantworten können. But never mind!

Es gibt auch eine Galerie und Boutiquen für besondere Souvenirs, Kochkurse und Tanzlektionen, Kinderbetreuung auf Deck 10 und verschiedene Konferenzräume, Kunstvorträge und Tischtennisturniere, einen Jogging-Parcours auf Deck 3 sowie das Fitnesscenter, vier Whirlpools und zwei Schwimmbecken auf Deck 9. Livemusik erklingt vom einzelnen Pianisten bis zum großen Orchester. Und im Royal Court Theatre über drei Decks im vorderen Schiffsbereich gehen jeden Abend aufwendige Shows mit Gesang, Konzert und Tanz, Comedy und Artistik über die Bühne.

Wer lesen, gucken, beobachten, schwatzen oder einfach nur da sein möchte, findet in den großzügigen Lounges oder draußen immer Platz. Bei entsprechendem Wetter sind die Sonnendecks gut besucht. Es gibt ausreichend Liegen und Handtücher. Die Suiten-Gäste haben ihre eigenen Flächen an der frischen Luft. Und auf den sehr dicken, kuscheligen Auflagen lässt es sich wunderbar wegdösen. Wer sich langweilt, ist selbst schuld. Und wer sich nicht außerhalb seiner Kabine vergnügen möchte, kann TV gucken mit Nachrichten, Filmen und Informationen über die Reise. Für deutschsprachige Zuschauer ist aus technischen Gründen nur RTL im Angebot.

Um 12 Uhr und gegen 18 Uhr machen Kapitän Stephen Howarth oder einer der Offiziere jeden Tag Durchsagen über Wetter, Wind, Positionsangaben, Kurs, Geschwindigkeit und nautische Besonderheiten. Wegen der Pandemie sind Treffen mit den Führungskräften wie zum Beispiel Dinner am Captain’s Table derzeit noch nicht möglich. „Aber das kann sich je nach aktueller Lage ändern“, sagt Anja Tabarelli, Director Sales und Marketing bei Cunard in Hamburg. „Inspiriert von der Vergangenheit, designt für die Zukunft“ ist das Motto der Reederei. Und auf der Queen Elizabeth finden sich viele Elemente, die modern auf früher verweisen: Freitreppen für den großen Auftritt, der Queens Room für glanzvolle Bälle, eine Bibliothek mit mehr als 1.000 Romanen, Nachschlagewerken, Hörbüchern und Reiseführern (zwei sogar zu Hamburg) über zwei Ebenen, Kronleuchter und Art-déco-Elemente an vielen Stellen. Dazu überall historische Fotos und Bilder, mehrere Gemälde von Queen Elizabeth II. sowie zwei große Vitrinen voll mit Erinnerungsstücken an die Royal Family. Und nach dem Tod der Queen am 8. September 2022 ist die Nachfrage nach Lesestoff über die langjährige Regentin besonders groß.

Nicht zu vergessen die vielen Spiegel an den zahlreichen Fahrstühlen und in den Treppenhäusern, um jederzeit Frisur und Kleidung zu überprüfen. Denn ein angemessen Äußeres ist wichtig auf der Queen Elizabeth. Sportklamotten oder zerrissene Jeans sind abends in den Bars und Restaurants tabu. Zu den Gala-Abenden zum Beispiel unter dem Motto „Rot und Gold“ oder „Roaring Twenties“ erscheinen
die Herren im Smoking oder weißen Dinner Jacket, die Damen im langen Kleid und eleganter Robe, natürlich ergänzt mit den passenden Accessoires. „Viele Passagiere buchen genau deshalb Kreuzfahrten mit uns“, sagt Deutschland-Chefin Anja Tabarelli. „Nach britischer Tradition sind unsere Reisen für die Menschen, die sich gerne verwöhnen lassen, ein mehrgängiges Menü genießen und persönlichen Service schätzen.“ Das sei eben der feine Unterschied.

So wie auch die Begeisterung vieler Gäste fürs Tanzen. Dazu gehören Andrea Feddern und ihr Mann Michael Globisch-Feddern. „So einen Ballsaal mit Holzparkett, Livemusik und toller Atmosphäre finden Sie nur auf den Queens“, sagt der 62-Jährige. „Deshalb ist das unsere fünfte Reise mit dieser Reederei.“ Nach dem Frühstück geht das Ehepaar aus Bad Salzuflen zum Line Dance, mittags verbessern die beiden Ärzte unter Anleitung des ukrainischen Tanzlehrers Sergej die Walzerschritte.

Begeisterung vieler Gäste fürs Tanzen. Dazu gehören Andrea Feddern und ihr Mann Michael Globisch-Feddern. „So einen Ballsaal mit Holzparkett, Livemusik und toller Atmosphäre finden Sie nur auf den Queens“, sagt der 62-Jährige. „Deshalb ist das unsere fünfte Reise mit dieser Reederei.“ Nach dem Frühstück geht das Ehepaar aus Bad Salzuflen zum Line Dance, mittags verbessern die beiden Ärzte unter Anleitung des ukrainischen Tanzlehrers Sergej die Walzerschritte.

Nach dem Abendessen, in der Regel um 18 Uhr, schieben die zwei in großer Robe über das Parkett. „Am liebsten Tango“, sagt Andrea Feddern. Auch bei den anderen Tänzen sitzt jede Bewegung, jede Drehung, jeder Schritt. Die beiden Mediziner gehen zudem zu Hause regelmäßig tanzen. „Aber hier ist das etwas ganz Besonderes“, so die 60-Jährige.

Das meinen auch Josephine und Allen aus Malaysia. Am liebsten bewegen sie sich zu lateinamerikanischen Rhythmen, und es macht großen Spaß, das Paar zu beobachten.
„Wir haben schon viele Kreuzfahrten gemacht, aber dieses Angebot ist einmalig“, sagt Josephine, die mit ihrem Partner in Australien lebt.

Zu den Cunard-Eigenheiten, genannt Signatures, gehört ohne Frage die Kulinarik. Speisen gibt es rund um die Uhr: von der Seezunge über Hummer und verschiedene Steaks bis hin zu indischen Currys, deutschen Würsten, Eierspeisen, Sushi, Salaten, Suppen, Sandwiches, Pizza, Fish and Chips, Obst und Desserts.

Besonders beliebt ist die Tea Time mit und ohne Champagner im Queens Room, sehr britisch mit Scones, kleine Kuchen, Erdbeermarmelade und Clotted Cream sowie Sandwiches mit Gurken und Lachs. Verführung allerorten. Zur Beruhigung des schlechten Gewissens verzichtet man wenigstens auf den Fahrstuhl oder zieht seine Bahnen in einem der beiden Pools auf Deck 9. Aber nach einer Kreuzfahrt geht wohl jeder mit ein paar Kilos mehr von Bord. 70 Tonnen Fleisch, 54.000 Eier, acht Tonnen Mehl und 43.000 Liter Milch werden innerhalb von 14 Tagen an Bord der Queen Elizabeth durchschnittlich verzehrt. „In den Häfen besorge ich oft noch lokale Spezialitäten“, sagt Küchenchef Marc Oldroid. „Aber alle unsere Produkte bekommen wir aus Großbritannien, da sind Preis, Qualität und Menge garantiert.“ Rund 200 Frauen und Männer gehören zum Küchenteam und müssen immer häufiger das Speisenangebot an Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien und religiöse Besonderheiten anpassen.Was darf unterwegs nie ausgehen? „Salz, Mehl und vor allem Reis für das Crew-Essen, denn die meisten Mitarbeiter kommen von den Philippinen“, weiß Food-and-Beverage-Manager David Lea. Und natürlich Bier. Mehr als 2.000 Liter Fassbier rinnen in zwei Wochen durch durstige Kehlen, mehr als 5.500 Flaschen Wein und Champagner werden ausgetrunken. Die Bars sind nicht minder verlockend. Mehr als 250 verschiedene Spirituosen, davon allein etwa 40 Gins,dazu auch dort Weine und Champagner sowie 13 Tonics, wollen genossen werden. „Gin and Tonic oder Piña colada ist sehr beliebt“, sagt Marco Lucas, der portugiesische Chef aller Bars. „Und die Deutschen bestellen gerne Aperol Spritz.“ Am trinkfreudigsten seien allgemein Gäste aus Australien und Großbritannien. Eine spezielle Happy Hour gibt es auf der Queen Elizabeth nicht, „bei uns ist man immerhappy“, sagt Lucas. Die beliebteste Bar ist der „Commodore Club„ mit breiter Fensterfront vorne auf Deck 10. Nur dort stehen sieben besondere Cocktails wie „Over the Top“ mit Gin and Sherry Brandy oder „The Commodore’s Cure“ mit Gin, Champagner sowie getrockneten Erdbeeren in der Karte. Gewidmet sind die Mixgetränke sieben früheren Cunard-Commodores. Und Barkeeper Ryan, derschon mehrere Wettbewerbe gewonnen hat, erklärt, mixt, schüttelt und rührt mit Enthusiasmus.

Immer ein Lächeln auf den Lippen haben, sich gerne kümmern und Gastgeber sein – das verlangt die Reederei von ihren Angestellten an Bord und nennt diese Dienstleistung „White Star Service“. Dafür müssen alle bestimmte Trainings absolvieren“, erläutert Cunard-Vertreterin Anja Tabarelli. „Wer die Lehrgänge besteht, darf dann den White-Star-Pin tragen. Und jeder ist stolz darauf.“

Sieben Tage lang müsste man das Schiff nicht verlassen. Aber es wäre schade drum, nicht mal wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Portoferraio auf der italienischen Insel Elba, die Hauptstadt Ajaccio auf der französischen Insel Korsika und die spanische Hafenstadt Valencia locken uns mit mediterranem Charme, historischen Bauten, trubeligem Strandleben sowie lokalen Spezialitäten auf Märkten und in den Bars von Bord.

Und dann ist der Hafen von Barcelona wieder erreicht. Die Woche ist um, 1.130,5 Seemeilen (entspricht 2.093 Kilometern) hat das Cunard-Schiff im Kielwasser. Ein letztes Frühstück mit Porridge, Toast, Bacon und Omelette. Dann muss man bis acht Uhr die Kabinen verlassen haben, damit das Housekeeping die State Rooms für die nächsten Gäste vorbereiten kann. Bye-bye, Queen Elizabeth! Ja, es gibt ein Leben nach der Kreuzfahrt. Aber auch eins vor der nächsten Seereise.

Typisch Cunard:
Auf der Queen Elizabeth finden sich viele Elemente, die modern auf früher verweisen: zum Beispiel die Freitreppen für den großen Auftritt
Cool Britannia:
Der Pavillon Pool auf Deck 9 ist in warmen Regionen vor allem an den Seetagen beliebt
Ajaccio:
Im Hafen der Hauptstadt Korsikas haben auch eine große Motorjachten festgemacht
Fuente del Turia:
Auf der Plaza de la Virgen in Valencia huldigt dieser Brunnen dem Fluss Turia und den Bewässerungskanälen, die die Stadt mit Wasser versorgen
Torres de Serranos:
Das frühere Stadttor ist das bekannteste Wahrzeichen von Valencia. Es wurde 1392 bis 1398 errichtet und war später zeitweilig ein Gefängnis
Portoferraio:
Auf die Insel Elba kommen auch Segler gerne, hier gibt es nette Bars, Restaurants und Geschäfte
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