Die Le Commandant Charcot von der französischen Reederei Compagnie du Ponant ist ein Polar-Expeditionsschiff mit erstaunlichen Fähigkeiten. Mit 46.227 PS durch die Fjorde Ostgrönlands – ein kurzer Reisebericht.

(c) PONANT – Daniel Ernst
Ankunft in Ittoqqortoormiit
Ende Mai macht sich die Sonne in Ostgrönland auf dem Weg zum Zenit. An einem strahlend hellen Frühlingstag verbreitet sich die Kunde, dass nach sieben Monaten Winterpause das erste Schiff kommen wird, wie ein Lauffeuer durch Ittoqqortoormiit. Seit Oktober leben die 350 Inuit in einer der einsamsten Siedlungen völlig isoliert vom Rest der Welt. Nur alle paar Wochen landet, wenn das Wetter mitspielt, ein Versorgungsflugzeug auf einem entfernten Airport und bringt etwas frisches Obst und Gemüse. Dass das Schiff Kreuzfahrtgäste an Bord hat, mag zunächst keiner so recht glauben. Der ganze Fjord ist ja noch immer fast zwei Meter tief zugefroren. Die kleinen Fischerboote im Hafen stecken bereits seit dem Spätherbst fest. Was für ein Schiff kann es schaffen, jetzt nach Ittoqqortoormiit zu fahren? Die Antwort überrascht: Es ist ein Schiff der französischen Reederei Compagnie du Ponant, die Le Commandant Charcot.
Von Bord geht es per Gangway direkt auf den weißen Eispanzer. Als Erste verlassen Mitglieder des 22-köpfigen Expeditionsteams das Schiff, um mit einem Gewehr auf dem Rücken Lage und Sicherheit für die Passagiere zu erkunden. An der Gangway begrüßt Expeditionsleiter Henry Wulff, ein 40 Jahre alter Deutscher, die herabsteigenden Passagiere. Sie tragen orangefarbene Polarjacken. Henry und sein internationales Team haben jeden Abend ihren Auftritt im Theater. Weil gut 80 Prozent der Gäste dieser Reise Franzosen sind, gibt es die Vorträge ausschließlich in französischer Sprache; es werden aber auch Veranstaltungen auf Englisch angeboten. „Dogsladding“ und „Polar Plunge“ stehen bei Außentemperaturen von drei Grad Celsius auf dem Programm.

(c) PONANT / Natascha Klein
Neue Destinationen – Die Polarklasse macht es möglich
Der elitäre Markt der modernen internationalen Expeditionsschiffe wächst mit dem 46.227 PS starken Eisbrecher nunmehr um weitere Polargebiete. Während Mitbewerber wie Hapag-Lloyd Cruises aus Deutschland und Hurtigruten aus Norwegen über Schiffe der Eisklasse PC 6 (vormals E4) verfügen und damit sogenannte Sommerfahrten in mittlerem einjährigem Eis mit älteren Einschlüssen unternehmen können, konkurrieren die Franzosen jetzt mit der starken Polarklasse PC 2. Das bedeutet: Sie können ganzjährig Fahrten in mittlerem, mehrjährigem Eis unternehmen – und dabei routiniert bis zu etwa drei Meter dickes Eis brechen. Damit locken neue, spektakuläre Ziele wie das Rossmeer in der Antarktis, bislang nicht erreichbare antarktische Inseln und die Kaiserpinguin- Kolonie von Snow Hill. Möglich sind nun ebenfalls Expeditionsfahrten zum Nordpol und in andere entlegene arktische Regionen wie Nordostgrönland, die sonst niemand zu dieser Jahreszeit ansteuern kann. Dazu kommt der bordeigene Helikopter, der nahezu täglich auf dem Vorschiff zu Erkundungsfahrten startet und ein aktuelles Bild für die Eiskarten übermittelt.
Abendprogramm in der Arktis
Nach einem Abendprogramm mit Inuit-Tanz nimmt das Schiff wieder seine Fahrt auf. Zum Dinner empfiehlt der Sommelier einen Château-Grillet, Jahrgang 2018. Auf Wunsch werden Thai Curry mit Basmatireis, Lamm oder Seeteufel-Medaillons mit Kokosnuss-Soße serviert. Andere Gäste sitzen bereitsin der Panorama-Bar auf Deck 9 und genießen bei klassischer Musik – Leopold Mozarts „Musikalische Schlittenfahrt“, – wie die Le Commandant Charcot krachend und in sicherer Entfernung an einem festgefrorenen Eisberg vorbeifährt. Da ertönt plötzlich die Stimme von Kapitän Garcia aus den Lautsprechern. „Polar bear starbord side! Polar bear starbord side!“