Lieferdienst für Kreuzfahrtschiffe

Wenn Schlagsahne zum Gefahrgut wird und wo Ochsenschwanz nicht gefragt ist - ein Einblick hinter die Kulissen des Bord-Caterings
von Christoph Assies

Draußen 26 Grad und Sonnenschein, drinnen eisige Temperaturen von bis zu minus 20 Grad: Vom schönen Hamburger Wetter bekommen die Kollegen im Lager von Sump & Stammer nichts mit. Sie sind dick eingepackt in Jacken, Mützen und Handschuhe. Auf Gabelstaplern und Kommissionier-Ameisen düsen sie durch die Lagerhallen, sammeln aus meterhohen Regalen die bestellten Produkte zusammen und machen sie fertig zum Versand. Ob Lammfleisch, Käse mit Bärlauch oder Anchovis: In den Hallen und Regalen lagern die unterschiedlichsten Lebensmittel. „TK, trocken oder je nach Saison auch frisch“, erklärt Stephen Melchert, Leiter des Lagers. Er arbeitet seit 2009 für Sump & Stammer. Das Unternehmen, nach eigenen Angaben Marktführer in seiner Branche, versorgt von Hamburg aus weltweit Kreuzfahrtschiffe mit Lebensmitteln. „Als ich hier angefangen habe, lief alles mit Stift und Zettel. Nun ist alles digital – und geht viel schneller“, sagt er. „Durch eine Software und die sogenannte NVE – das steht für Nummer der Versandeinheit – wissen wir immer, wo welche Ware ist.“ Das Programm erstellt auch automatisch die „Einkaufszettel“, die Melcherts Team eilig in den Lagern abarbeiten. Insgesamt 47 Mitarbeiter sammeln ein, scannen, kommissionieren, verladen. „Dichter dran am Produkt geht nicht“, sagt Melchert.

Zentrallager: Von Hamburg aus werden die Schiffe weltweit versorgt, Waren in Millionenwerten sind ständig vorrätig
Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Gerade wird im Warenausgang ein Container für ein Expeditionsschiff mit Wasserflaschen beladen. „Vier Container mit Lebensmitteln folgen noch. In sechs Wochen kommen sie in Kanada an – exakt dann, wenn das Schiff im Hafen liegt und Nachschub braucht“, sagt Melchert. Unterschieden wird beim Versand nach Region: „Innerhalb Europas beliefern wir die Schiffe mit Lkws, außerhalb per Container.“ Insgesamt 115 Kreuzfahrtschiffe versorgt das Unternehmen so. Zu den Kunden zählen alle namhaften europäischen- und amerikanischen Kreuzfahrtreedereien mit unterschiedlichen Zielgruppen: Familie, Luxus, All-inclusive. Einige Schiffe werden in einer Woche sogar zweimal versorgt: „Doppelversorgung nennen wir das, also Lkw- plus Containerversorgung“, sagt Michael Ruda, Head of Transport and Services. Die Hochphase liege im dritten Quartal eines Jahres: „Das heißt, wir versorgen das Schiff in Europa mit Lkws. Gleichzeitig verschicken wir für denselben Cruiser schon die Ladeeinheiten für seine internationale Tour, wenn die Hochsaison hier vorbei ist. Die Container müssen wir früh losschicken, damit sie am anderen Ende der Welt rechtzeitig ankommen. Allein für ein Schiff machen wir zehn Lkws fertig – und verschicken dann zusätzlich bis zu 20 Container.“

Dazu kommen unzählige Dokumente, die etwa vom Veterinäramt, dem Pflanzenschutzamt oder dem Zollamt ausgestellt werden müssen. Manches ist durchaus skurril. „Sprühsahne gilt wegen der Druckgaspackung als Gefahrengut – auch dafür brauchen wir Extrapapiere“, sagt Ruda. Immer Verlass ist dabei auf seine 15 „Spezialisten“, wie er sein Team liebevoll nennt. „Die kennen alle Fristen und Besonderheiten.“ Und auf Genauigkeit kommt es an. Fehlt nur ein Dokument, kann das die komplette Lieferung torpedieren.

Bei der Beschaffung der Lebensmittel geht es im Vorfeld vor allem um Weitsicht: „Wir sourcen unsere Ware weltweit in rund 60 Ländern. Je weiter weg wir die Ware einkaufen, desto mehr müssen wir im Voraus denken“, sagt Alexander Sauter. Seit 20 Jahren leitet er das Unternehmen. Neben Kreuzfahrtschiffen versorgt Sump & Stammer auch Hotels und Resorts. Allein im Zentrallager im Hamburger Süden liegt Ware mit einem Wert im zweitstelligen Millionenbereich. „Wir tragen das volle Risiko, denn wir haben die meiste Ware bereits im Voraus bezahlt.“ In warmen Regionen wird an Bord leichter gegessen. Eine deftige Ochsenschwanzsuppe schafft es da eher nicht ins Menü.

Finanzielle Sicherheit gibt der milliardenschwere Mutterkonzern Transgourmet. 2015 hat Europas zweitgrößtes Foodservice-Unternehmen Sump & Stammer übernommen. Eine gute Sache, so Sauter. „Gerade was die Trendentwicklung angeht, profitieren wir sehr: Wir haben mit ihrer Unterstützung zum Beispiel jüngst für einen Kunden 200 vegane Produkte in unserer Event-Küche verkostet.“.

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